Leseprobe aus "Naturverbunden"

… Glühende Vögel schweben durch irgendeinen Himmel. Henrik. An einem Bauzaun, weiße Hose. Ein Telefon klebt an seinem Kopf wie Haut. Kirche, Passionskirche. Unter einem riesigen Vorhang. Ich, klein, jung, dahinter und wieder weg. Funken regnen gegen das Licht. Männer ohne Gesichter klettern über Balken. Ein Eselkopf nickt Simon zu. Jesus sitzt auf dem Tier, seine Lippen blutig. Ein Mann am Tisch. Ordner sind Kaffee. Pläne wie Brot. Tassen kippen. Dunkle Flüssigkeit fliegt durch die Luft. Heiße Tinte auf weißem Stoff. Warme Beine. Meine Beine. Nur ein blauer Slip.

Das erste, was ich spüre, ist Wärme. Und mein Inneres wandert langsam nach außen. Sonne auf meinen Beinen. Ein breites Strahlen, das durch das geschlossene Fenster fällt und auf meiner Haut reflektiert. Ich liege ausgestreckt. Nackt bis auf meine blaue Lieblingsunterhose, gepresst in das weiche Laken. Die Decke fehlt, liegt vom Bett gerutscht auf dem Boden.

Die Sonne steht noch flach. Die Fenster sind geschlossen. Die Luft bewegt sich nicht. Kein Tropfen mehr, kein Wind. Nur dieses Flirren. Und Hitze auf meinen Füßen, meinen Oberschenkeln. Und ein Punkt. Außen, weit oben, am rechten Oberschenkel. Kaum mehr als ein Hauch. Nicht größer als ein Sandkorn. Oder sechs.

Kein Kratzen, kein Stechen. Nur da. Sechs winzige Haken, die kitzelnd in die Haut greifen. Ich bewege mich nicht. Will irgendwie nicht, dass es vergeht.

Um die Stelle herum richten sich Härchen auf. Zuerst einzeln. Dann wie eine Welle. Die Spannung breitet sich aus, flach, kreisförmig, tastend. Ich höre nichts. Aber etwas ist da. Winzig. Nicht mehr als eine Spur.

Ein Krabbeln, Schritt für Schritt. Wie ein Abtasten. Entlang der Muskelwölbung, quer über den Schenkel, weiter nach innen. Ich halte den Atem. Will, dass es bleibt. Auch wenn ich längst weiß, dass es eine Fliege ist.

Der Kitzel wandert über meine Hüfte. Krallt sich fest, wird stärker. Die Fliege setzt neu an. Ihre Krallen greifen zwischen feinste Härchen, leicht versetzt, ohne Plan. Ein Bein nach vorn, das nächste quer, dann wieder zurück. Ein Zittern fährt mir über die Haut.

Sie bleibt stehen. Ihre vorderen Glieder beginnen zu kreisen, winzig schnell, wie beim Abtasten einer unsichtbaren Schwelle. Sie reibt sich. Kurz. Noch einmal. Dann setzt sie sich in Bewegung. Wieder. Langsam. Zwei Schritte. Ein Innehalten. Eine schräge Linie über den Schenkel. Die Fliege zögert. Der Kitzel wird immer mehr, ihr Lauf verlangsamt sich. Sie ist an meiner Unterhose. Der Saum verengt sich zur Pussy hin und die Krallen der Fliege verlieren kurz den Kontakt.

Etwas zuckt. Tief innen, wie ein leiser Rückstoß. Meine Haut wölbt sich, als würde sie lauschen. Ein feuchter Sog zieht in den Stoff, verwaschen und weich. In mir dehnt sich etwas. Die Fliege bleibt genau dort stehen. Ein Bein auf dem Stoff, eins auf mir. Winzig.

Dann beginnt sie sich zu putzen. Immer wieder. Schnelle kleine Stöße, unsichtbar, doch spürbar wie vibrierende Nadelspitzen. Der Kitzel ist irre. Schön.

Dann hebt sie ab. Fehlt. Eine Lücke in der Temperatur. Ein Windstoß, der nicht kommt. Das Prickeln bleibt und sie landet leicht versetzt auf meinem Bauch. Ein Hauch. Ihr Lauf geht schräg nach oben. Die Beine der Fliege greifen, lassen los, greifen erneut. Eine Linie bleibt zurück. Eine Spur. Als würde etwas geschrieben. Ich liege reglos. Ergebe mich dem Kitzel.

Sie überquert meinen Nabel. Zögert, dann links vorbei. Ein unruhiges Zittern schießt durch das Netz der Härchen bis in meine Rippen. Ich presse die Oberschenkel zusammen. Ganz langsam, nichts soll sich verändern. Nichts darf sie vertreiben. Die Fliege dreht sich. Tastet neu. Ihre vorderen Glieder schlagen gegeneinander. Hektisch, rhythmisch, fast nervös. Der Kitzel brennt. Er kriecht unter die Haut, legt sich in die Muskeln. Meine Lippen werden schmal.

Sie läuft weiter. Ein quälend schöner Weg bis zu meiner Brust. Sie nimmt die rechte Seite. Steigt nach oben, über die runde Fläche, tastet sich zur Mitte vor. Die Haut dort aufgeladen, empfindlich und dünn. Sie hält inne. Wieder diese Bewegungen der vorderen Beine. Kratzend, reibend, schleifend.

Ihre Krallen stehen jetzt auf der Knospe. Die Haut darunter zieht sich zusammen und hebt sich dann, wacht auf und wird hart. Mein Rücken will sich wölben. Darf nicht. Und ich halte still.

Dann hebt sie wieder ab. Ein Vibrieren, ein sirrendes Zittern. Ihr Flug schneidet quer über meinen Hals, streift die linke Schulter, dann mein Gesicht. Das Geräusch trifft mich schräg, flirrend, hell. Es fliegt über meine Wange, über die Stirn und sinkt ab.

Sie landet. Hart, fast elektrisch. Ein Schlag auf meinem Mundwinkel. Die Haut dort weich, feucht, ungeschützt. Ihre Krallen greifen. Wieder diese hektische Reinigung. Schnell. Spitzer. Jetzt zu viel. Ich halte still, solange ich kann. Doch sie rückt näher. An die Lippe. An den Nasenflügel. Der Kitzel schlägt um. Wird Druck. Wird Jucken. Wird Ekel.

Ich reiße die Hand hoch, treffe sie nicht, aber genug. Sie fliegt. Mein Gesicht spannt. Der Mund brennt, als hätte sie etwas dagelassen und ich dreh mich auf die Seite.

atme aus und döse wieder weg. Nicht tief. Nur eine dünne Schicht. Sinke, ein Bein ausgestreckt, das andere locker angezogen. Die Hüfte leicht gedreht. Der Stoff meiner blauen Lieblingsunterhose hat sich zwischen meinen Pobacken nach innen gezogen. Ein schmales Band nur, gespannt über meiner Pussy. Die obere Backe liegt weich darüber. Die Sonne wärmt von hinten, streift meine Taille. Meine Ferse ragt aus dem Laken.

Etwas beginnt zu fließen. Bilder. Keine echten. Mehr wie Spuren.

Ein Mann, allein im Wald. Nicht Henrik, nicht wirklich. Nur diese Schultern, die ich kenne. Und der Schweiß, der ihm über den Nacken läuft. Er rennt. Ich sehe es nicht, ich spüre es. Der Druck in der Brust. Die feuchte Wärme im Schatten der Bäume. Sein Atem. Schwer. Wütend. Irgendetwas brennt in ihm. Als wäre ich es.

Selleriesaft. Bitterer Geschmack auf meiner Zunge. Ich sehe mich selbst, wie ich trinke. Weil es so sein soll. Ich will das Glas wegschmeißen. Tue es nicht.

Eine Frau hinter einem Tresen. Ich? Nein. Jemand Fremdes. Ihre Stimme wie Hitze, die plötzlich auf der Haut liegt. Dann fliegt etwas. Kaffee. Stoff. Eine feuchte Stelle auf einem Oberschenkel. Ich sehe, wie er erstarrt. Kein Wort, nur Blick.

Ein Körper. Ein weiblicher. Bronze, glatt, geschmeidig. Kriecht durchs Laub, fast ohne Bewegung. Wie eine Idee, die man nicht mehr loswird. Schimmernd, warm, weich. Ich weiß nicht, ob ich es bin oder sie. Vielleicht beides. Vielleicht niemand.

Ich habe mit jemandem geschlafen. Meine Lippen bewegen sich. Die Worte kommen. Ich höre sie. Ich weiß, was sie bedeuten. Ich spüre sie zwischen meinen Beinen, heiß und schwer.

Ein Rascheln. Etwas bewegt sich in mir. Der Traum zersplittert. Mein Freund ist wieder da.

Es berührt mich am Fuß. Außen, unten, direkt auf dem weichen Übergang zur Sohle. Die Haut dort hell, dünn, fast kühl. Kein Druck – ein Streifen nur. Doch um die Stelle herum hebt sich das Gewebe. Ein Feld feinster Härchen richtet sich auf. Ich halte still.

Die Fliege setzt sich in Bewegung. Krabbelt über den Spann, über den seitlichen Fußrücken, tastet sich schräg über mein Bein. Zwei Schritte, ein Innehalten. Dann wieder diese kreisenden Reibungen der vorderen Glieder. Kratzend. Hektisch. Ohne Ziel. Der Kitzel zieht sich die Wade hinauf, flach, aber anhaltend. Ich spüre, wie sich einzelne Härchen zusammenziehen. Ringförmig. Wie ein Schauer, der sich nicht auflöst.

Dann erreicht sie die Kniekehle. Sie bleibt. Meine Muskeln zucken. Die Spannung sucht Halt. Die Fliege wendet, tastet über die Rundung nach oben. Der seitliche Oberschenkel glatt, gespannt, weit. Ihre Krallen setzen auf, verlieren Halt, greifen neu. Es kitzelt nicht mehr nur. Es juckt. Es schneidet. Es zieht. Ich presse die Lippen gegeneinander. Der Atem wird flach.

Sie ist am oberen Schenkel. Direkt unterhalb der Rundung. Die Haut dort warm vom Licht, trocken, gespannt. Sie geht schräg, zur Außenseite, folgt dem Muskelansatz, zieht sich über die Schräge zur Hüftlinie. Mit jeder Bewegung springen Härchen auf. Erst einzelne, dann ein ganzes Feld. Und wo sie läuft, bleibt etwas zurück. Ein Nachklang. Kaum spürbar, aber da.

Sie überquert den Hüftbogen. Die Fläche glatt, leicht gewölbt, ohne Halt. Die Krallen greifen kurz, setzen neu. Ihre Spur bricht, zackt, zieht sich fort. Dann kippt sie seitlich, folgt dem Übergang zu meinem Hintern, wird langsamer. Unerträglicher. Aber irgendwie schön.

Der Slip beginnt tief. Hellblau. Der Stoff zieht sich quer und liegt eng. Die Fliege folgt dem Rand. Erst auf der Haut, dann über die Naht, dann zurück. Jede Linie löst eine Reaktion aus. Ein kurzes Zusammenziehen meiner Landschaft. Die Härchen stehen still. Dann straffen sie sich.

Sie geht näher an meine Pussy. Tiefer, seitlich. Genau dort, wo der Stoff ins Weiche übergeht. Die Haut dünner, wärmer, empfindlicher. Ihre Krallen tasten fester. Die Reizung wird scharf.

Dann bleibt sie stehen. Die vorderen Glieder beginnen zu schlagen. Schnell. Immer wieder. Ein Impuls zieht ins Becken. Bleibt. Dehnt sich.

Dann hebt sie ab. Ein Zittern in der Luft. Ein feines Summen über meinem unteren Rücken. Nicht laut, aber deutlich. Sie fliegt einen Bogen. Hoch über mein Kreuz, über die Schulterblätter, dann tiefer. Die Luft bewegt sich. Ein flirrendes Ziehen, das über meine Haut tanzt, bevor sie wieder sinkt.

Ich spüre ihr Gewicht erneut – diesmal am rechten Schulterblatt. Der Kontakt unerwartet. Die Haut dort kühler, dichter. Der Kitzel trifft mich erneut, wieder diese schnellen, nervösen Bewegungen. Die vorderen Beine kreisen. Die Flügel zucken. Ich spüre das Zittern im Schultergelenk. Es zieht in den Nacken. Breitet sich aus. Ich merke, wie sie mich ableckt. Winzig. Feucht. Auf der Haut bleibt ein schmaler Film. Kaum wahrnehmbar – doch unerträglich.

Ich schlage mit der Hand nach hinten, treffe nichts. Aber sie fliegt. Ich winde mich, richte mich auf und strecke mich.

„Hey Siri, spiel etwas Sonniges. Und bedank dich bei der Fliege.“

„Ich habe ‚etwas Sonniges und bedank dich bei der Fliege‘ nicht ganz verstanden. Möchtest du, dass ich Musik spiele oder jemanden anrufe?“

Jetzt lesen

Find me on

Neuland Cover
Nach oben scrollen